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Die Passionsspiele in Erl

Alle sechs Jahre werden die Passionsspiele in Erl aufgeführt. Ein Pestgelübde war der Beginn einer langen Tradition, die von 1613 bis heute reicht. Seit dieser Zeit bringen die Menschen in dem kleinen Tiroler Ort, kurz vor Kufstein, alle Jahre wieder die Passion Christi auf die Bühne.

Auf dem Brennerpass durch die Alpen

Hoch zum Brennerpass führt mit dem Inntal eine der niedrigsten Passagen durch die Alpen. Damit ist das weite Tal, in dessen Grund der grüne Inn gemächlich fließt, schon immer eine Einfallschneise für all diejenigen, die so bequem wie möglich von Nord nach Süd oder Süd nach Nord reisen wollten. Die Römer bauten die erste Straße über den Brennerpass, Kaiser Karl zog auf seinem Weg nach Canossa durchs Tal und bis heute wird diese Route für den Handel zwischen dem Norden und dem Süden genutzt. Er ist das Tor zur italienischen Adria.
Die Händler brachten Wein, Getreide, Tuche und Salz in den Norden, versorgten den Süden dafür mit Wolle, Pelze und Honig. Florierte der Handel, hatten die Menschen ihr Auskommen und es ging ihnen gut.

Inhaltsverzeichnis

Krankheiten auf Reisen
So auch die Menschen in Erl
Die Geschichte des Passionsspielhauses in Erl
Alle sechs Jahre
Mitten im Geschehen!
Jesus steht im Mittelpunkt
Die nächsten Passionsspiele in Erl

Krankheiten auf Reisen

Händler packten ihre Waren auf Wagen und Karren, zurrten sie in Bündeln fest und huckten sie den Lasteseln oder Pferden auf. Manchmal brachten die Händler jedoch nicht nur ihre Waren über den Pass. Dann reisten Krankheiten als unerkannte Konterbande im Gepäck oder Körper, kamen in die Städte und Dörfer. Wer ihnen zu nahe kam, erkrankte an Pest, Pocken oder anderen für die damalige Zeit oft tödlichen Krankheiten. Da niemand um deren Ursachen wusste, hielten die Menschen sie für eine Strafe Gottes. Manche ergaben sich in ihr Schicksal. Andere jedoch versuchten es mit Messen, Bittgängen und Bußen. Vielleicht war Gott ja dann gnädiger?

Das Passionsspielhaus in Erl
Das Passionsspielhaus in Erl

So auch die Menschen in Erl

Das kleine Dorf liegt nicht nur in der Nähe von Kufstein, sondern an einer der Hauptreiserouten zum Brennerpass. Bis heute führt diese am Inn entlang, den noch recht großzügigen Platz im Tal teilen sich Autobahn, Eisenbahnstrecke, Fluss und die kleinen Nebenstraßen. An drei Seiten ist Erl von Bayern umringt. Damit befindet es sich in einer Lage, die früher oft heftig umkämpft wurde. Die Schrecken des schwarzen Todes waren somit immer gegenwärtig, ebenso wie der Wille der Menschen, diesen zu besiegen oder ihm wenigstens zu entkommen. Passionsspiele waren eine Möglichkeit. Ob die Bauern und Schiffer von Erl aus eigenem Antrieb begannen, oder ob sie vom Pfarrer ermuntert wurden, ist nicht überliefert. 1613 wurden die Spiele zum ersten Mal erwähnt, Pilger hatten sie gesehen und darüber berichtet. Damit begann die offizielle Geschichte der Passionsspiele in Erl.

Das Passionsspielhaus in Erl inmitten der Berge
Das Passionsspielhaus in Erl inmitten der Berge

Auch wenn heutzutage die Schrecken von Pest und Krieg gebannt scheinen, immer weniger Menschen an einen zürnenden oder gütigen Gott glauben und es eigentlich keine Notwendigkeit mehr für derartige Passionsspiele gibt, lassen die Erler nicht nach. Alle sechs Jahre bringen sie ihre Spiele auf die eigens dafür errichtete Bühne. Die Geschichte des Leidens Jesu ist bekannt, ebenso wie ihr Ausgang, sein Tod am Kreuz. Da gibt es kaum Überraschungen, sollte man meinen. Weit gefehlt. Sicher, auch die 2013 erstmals aufgeführte Textversion von Felix Mitterer zitiert Bibelworte wortwörtlich, geht jedoch darüber hinaus, passt sich sozusagen an die Bedürfnisse der Gegenwart an. Schließlich ist es bei den Erlern bereits Tradition, in Tiroler Althergebrachtes Neuerungen einzubringen.

die Bühne des Passionsspielhauses in Erl
Passionsspielhaus in Erl, die Bühne vor der Vorstellung

Die Geschichte des Passionsspielhauses in Erl

Eine dieser Neuerungen ist beispielsweise das Passionsspielhaus selbst. Zwischen 1956 und 1959 errichtet, titelte damals eine Münchner Zeitungvon einer »großen Passion im kleinen Dorf«. Allein der Zuschauerraum fasst mit seinen 1500 Plätzen mehr Gäste, als Erl mit seinen 1450 Einwohnern überhaupt vorweisen kann. Zudem stehen von den Einwohnern zur Passionsspielzeit rund ein Drittel auf den Brettern der Bühne.
Der Neubau war notwendig, weil 1933 das alte Passionsspielhaus abgebrannt war. Da die Spiele unter den Nationalsozialisten verboten waren, wurde dieser erst weit nach dem Nationalsozialismus geplant und errichtet. Erstaunlich daran ist, dass ganze 26 Jahre zwischen dem Brand und der Einweihung des neuen Hauses lagen, eine gute Generation. Für die meisten Vereine hätte eine solch lange Pause wohl eher das endgültige Aus bedeutet, nicht jedoch für die Erler.

Die Kostüme warten
Passionsspielhaus in Erl: Hier warten die Kostüme auf den Einsatz.

Alle sechs Jahre

Beschließt die Vollversammlung des Passionsspielvereins eine Aufführung, werden die Passionsspiele aufs Neue auf die Bühne gebracht. In der Regel passiert das alle sechs Jahre. Fällt in dieser Sitzung gewissermaßen der Startschuss zur nächsten Passion, wird jeder Erler gefragt, gleich ob Baby oder Greis: “Willst du mitspielen?”
Weil die Aufführung selbst kein Wunschkonzert ist, verteilt der Regisseur die einzelnen Rollen Wer sich fürs Mitspielen entscheidet, braucht übrigens fast ein Jahr keinen Friseur mehr. In der gesamten Probe- und Spielzeit geht es weder Bart noch Haaren an den Kragen.

Passionsspiele Erl
Das Kreuz wartet hinter der Bühne

Im November beginnen die Proben, zu einer Zeit, in der es im ungeheizten Passionsspielhaus noch brutal kalt sein kann. Glücklicherweise lässt sich wenigstens der Proberaum heizen. Da jedoch die vergangene Aufführung der Passionsspiele in Erl auf einer schräg aufgebauten Bühne gespielt wurde, mussten die Mitspieler schon früh auf diese wechseln. Sie probten die Szenen in warmer Skikleidung.

Der Schnürboden
Der Blick reicht weit in den unverkleideten Schnürboden.

Mitten im Geschehen!

Von ihren Plätzen aus haben die Zuschauer auf die gesamte Bühne freie Sicht, ebenso auf den hölzernen Schnürboden. Eine ursprünglich geplante Betondecke wurde nie eingebaut. Das großzügige Sichtfeld rahmt das Spielfeld und bietet von allen Plätzen einen durch nichts gehinderten Blick. Wer hier zuschaut, ist mitten im Geschehen. Wie Regisseur Markus Plattner in der Aufführung von 2019 den Text von Felix Mitterer und die Musik von Wolfram Wagner in der Inszenierung verband, tat ein übriges und bezog bewusst Zuschauer mit ein. Zum Abendmahl senkten sich die großen Ringe von der Decke: Innen teilte Jesus die Eucharistie aus, zunächst an die im nächsten Kreis stehenden Jüngerinnen und Jünger. Ja, auch Frauen werden genannt, explizit Maria Magdalena, die als »Apostelin der Apostel« ebenso einen Sendungsauftrag erhielt, wie die anderen, die Männer. Dann standen Darsteller in moderner Kleidung auf, die bisher unerkannt im Publikum saßen, gingen auf die Bühne, reihten sich ein, wurden ebenso einbezogen und gesandt, wie die eigentlichen Jünger.
Dass die Erler keine gelernten Schauspieler, sondern Laiendarsteller sind, ist im Stück nicht zu spüren, ihr Enthusiasmus, ihre Lebensfreude und vor allem ihre Hingabe jedoch sehr. Das großartige Licht und die an die kahle Bühnenwand projizierten Bilder, wie das allwissende Auge oder die das Auf und Ab der Börsenkurse nachahmenden grün gezackten Linien, verstärken die Stimmungen. Das gleiche gilt für die akzentuierte Musik und den präzisen Einsatz von Chor und Orchester

Jesus steht im Mittelpunkt

Jesus steht im Mittelpunkt. Das gilt vom Einzug in Jerusalem – mit echtem Esel – bis zur Kreuzigung. Er verkündet seine Botschaft klar und ahnt voraus, was in späterer Zeit daraus gemacht wird. Trotzdem bleibt er Spielball zwischen den Mächten, bis er schließlich direkt vor den Zuschauern am Rand der Bühne gekreuzigt wird. Die eindrucksvolle Schlussszene geschieht mitten im Raum: Jesus steht am Bühnenrand und alle Zuschauer erheben sich zu den Klängen von »Großer Gott, wir loben dich«. Damit bekommt das Leiden Jesu einen Sinn, der weit in die heutige Zeit hinausweist, einer Zeit, die oft meint, ohne einen Gott oder eine verbindende Idee auszukommen.
Gänsehaut pur: Passionsspiele in Erl.

Die nächsten Passionsspiele in Erl finden 2025 statt.
Weitere Infos
Ist übrigens die letzte Vorstellung gespielt, die sogenannte Derniere, werden die Bärte und Haare der Männer wieder gekürzt.
Tickets und weitere Infos bekommt ihr über die Homepage der Passionsspiele.

Unterwegs im Odenwald: Von Eberbach nach Zwingenberg

Blick über Eberbach am frühen Morgen

Im Odenwald lässt es sich gut wandern, beispielsweise von Eberbach nach Zwingenberg. Der Weg führt über die alte Burg, den Katzenbuckel und durch die wildromantische Wolfsschlucht. Der Rückweg lässt sich mit zwei Stationen Bahn schnell erledigen.

Burgruine über Eberbach im Odenwald

Locken alte Steine auf einem Berg, lohnt sich das Ziel: Gut 200 Meter oberhalb von Eberbach warten die Reste dreier Burgen auf vorbeikommende Wanderer. Der Weg dorthin führt in Serpentinen je nach Kondition gemächlich oder steil bergan.

 Eberbach liegt im Odenwald, in einer großen Schleife des Neckar. Gut erhaltene Fachwerkhäuser, eine mittelalterliche Befestigung und die in Sgraffito geschmückte Fassade des „Hotel Karpfen“ lohnen eine Besichtigung.

 

Vom Katzenbuckel aus reicht die Sicht weit

Katzenbuckel mit Aussichtsturm: Weite Sicht vom Odenwald aus

Weiter geht es zum Katzenbuckel, mit seinen 626 Metern höchster Berg im Odenwald, gleichzeitig Überrest eines Vulkans. Heute ist hier ein geologisches Naturdenkmal: Die Kuppe des Berges ist zu Stein erstarrtes Magma, 60 Millionen Jahre alt. Das war die Zeit, in der die Dinosaurier langsam ausstarben und Säugetiere die Welt bevölkerten. In neunundachtzig Stufen ist die oberste Plattform des 18 Meter hohen und 200 Jahre alten Turmes erreicht: Von hier reicht der Blick bei klarer Sicht weit. Wie schlafende Tiere schmiegen sich die Hügel des Odenwaldes auf die Erde, weiter entfernt sind Taunus und Spessart. Die Zinnen lassen den Turm wie einen mittelalterlichen Burgturm wirken. Belohnung für die überwundenen Höhenmeter ist schließlich leckeres Essen in der Villa Katzenbuckel.

Höllisch gefährlich und wildromantisch: Die Wolfsschlucht

Wildromantisch und höllisch gefährlich: Die Wolfsschlucht bei Zwingenberg

Über Feldwege und Straßen ist es nicht weit bis Oberdielbach und von dort zur Wolfsschlucht, wildromantisch und höllisch gefährlich, wenn man den Schildern Glauben schenkt. Hat sie Carl Maria von Weber zum „Freischütz“ inspiriert? Zwar ist es historisch nicht zweifelsfrei, trotzdem wird die Oper zu den Burgfestspielen aufgeführt. Die Szene in der Wolfsschlucht ist jedenfalls der musikalische und dramaturgische Höhepunkt zugleich: Damit der Jägerbursche Max die Försterstochter Agathe heiraten darf, muss er seine Treffsicherheit beweisen. Er setzt auf ihr Ziel nie verfehlende Freikugeln, muss diese in der Wolfsschlucht gießen. Für die Wolfsschlucht bei Zwingenberg spricht, dass Weber 1810 in dieser Gegend unterwegs war.

Vom Eingang bis zum Ende der Schlucht sind es nur gut anderthalb Kilometer, die jedoch haben es teilweise in sich. So sind die wirklich rutschigen Stellen mit Halteseil gesichert, dabei soll der Wanderer bei Regen, Schnee und schlechtem Wetter ohnehin diesen Weg meiden.

Wildromantisch und höllisch gefährlich: Die Wolfsschlucht bei Zwingenberg

Auf dem Weg am Hang hinunter ist der Buntsandstein durch Erosion erschlossen und gut sichtbar. Weil das Wasser immer noch ausreichend stark durch die schmale Schlucht rauscht, dabei Geröll und abbrechendes Gestein mit sich nimmt, bleiben die Wände relativ frei von Vegetation und tragen damit zum spektakulären Ambiente bei. Während die Buntsandsteinfelsen an den Seiten emporragen, wachsen dort Farne, Moose und Bäume. Sonnenstrahlen müssen sich ihren Weg durchs dichte Blätterdach regelrecht bahnen. Die Schlucht schimmert in den unterschiedlichsten Braun- und Grüntönen, es wirkt ein bisschen wie im Urwald, zumal die Sonne heiß von oben brennt.

 

Wildromantisch und höllisch gefährlich: Die Wolfsschlucht bei Zwingenberg

Ihren Namen erhielt die Schlucht übrigens, weil 1866 in Zwingenberg des letzte Wolf des Odenwaldes starb. Die Wanderung durch den Odenwald von Eberbach nach Zwingenberg erinnert an ihn. 

Den Rupertiwinkel zu Fuß und mit dem Rad erobern

Während am Königsee und in Salzburg der sprichwörtliche touristische Bär steppt, ist der quasi in Rufweite gelegene Rupertiwinkel  bis heute ein recht stiller Ort geblieben. Hier lässt sich trefflich einige Zeit verbringen, in Sichtweite von Watzmann und Hochstaufen. Das nach dem Heiligen Rupertus, dem ersten Salzburger Bischof, benannte Dreieck westlich von Salzach und Saalach gehörte ursprünglich zu Salzburg. Erst seit 1810 wurde es Bayerisch. Wer in Laufen die Salzach quert, hat bereits die Grenze zum österreichischen Oberndorf überschritten. Während sich die Berge der Berchtesgadener Alpen hoch türmen, sind hier die Hügel noch sanft und voralpin. So lässt sich die Gegend lässt hervorragend erwandern oder mit dem Rad erkunden.

Radler im Rupertiwinkel
Rupertiwinkel: Überall sind die Alpen im Blick

Seit alters her ein geschätzter Landstrich

Schon die Römer schätzten das milde Klima im Rupertiwinkel. Das galt auch für die Salzburger Fürstbischöfe, für die der Landstrich im Alpenvorland eine wichtige Kornkammer war. Bis heute künden Bildstöcke, Kapellen, Wegkreuze, aber auch Marterl und Totenbretter vom sichtbaren Zeichen tiefgläubiger Religiosität. Ihnen begegnet man allenthalben, sie markieren Wegkreuzungen ebenso wie Berggipfel. In der größtenteils bäuerlich geprägten Landschaft grasen Kühe und liefern Milch für die bereits 1927 als Genossenschaft gegründete Molkerei Berchtesgadener Land. Die Balkone der historischen Häuser blühen den ganzen Sommer hindurch, ebenso wie die auch für Besucher oft offene Gärten.

Dem Rupertiwinkel kulinarisch auf der Spur

Ob im Teisendorfer Gut Edermann, einem Spa-Hotel oder auf dem Bauernhof: Die Gastgeber des Rupertiwinkel verwöhnen ihre Gäste mit regionalen Köstlichkeiten. Bis heute verrät die üppige Küche die einstige Nähe zum Salzburger Land mit ihren Nockerln, Kaspressknödeln oder Krautspatzen. Viele der Lieferanten kommen aus der Region, so sind kurze Wege garantiert und der Geschmack auf dem Teller sicher. Das Berchtesgadener Land ist als Biosphärenregion von der UNESCO ausgezeichnet. Das Gebiet der nördlichen Kalkalpen mit dem Vorland ist übrigens das einzige alpine UNESCO-Biosphärenreservat hierzulande.

Überall sind die Berge im Hintergrund zu sehen

Mit dem E-Bike das Voralpenland erkunden

Von der alten Stadt Laufen bis zum Kloster Höglwörth am Höglwörther See spannt sich ein großes Netz an gut ausgebauten Rad- und Wanderwegen. Einer von ihnen führt auf den Spuren der Brauerei Wieninger. Zehn Stationen erzählen auf gut zwölf Kilometern über die Kunst des Bierbrauens und der Bierkultur und selbstverständlich lässt sich sowohl in Höglwörth als auch in Teisendorf der geschätzte Gerstensaft nebst einem Imbiss probieren. Wer sich zum ersten Mal auf das E-Bike schwingt, wie sie beispielsweise im Gut Edermann tageweise verliehen werden, findet in Eddy Balduin einen Mountainbike-Guide, Fitness-Coach und Bergführer, der sich auskennt. Er empfiehlt einen Kurs noch vor der ersten Fahrt in hügeliges Gelände, schließlich kommt es beim Schalten und Bremsen auf die richtige Technik an.

Gute Aussichten gibt es überall

Reinheitsgebot versus Craftbeer

Im kleinen Sudhaus der Teisendorfer Brauerei Wieninger lernen nicht nur die Lehrlinge handwerklich hochwertiges Bier zu brauen. In der Bierwerkstatt können auch Hobbybrauer, Freunde, Vereine, Stammtische oder Firmen ihr eigenes Bier brauen. Riechen, schmecken und fühlen ist das Wichtigste beim Brauen, ist sich Braumeister Bernhard Löw sicher. Erst nach der Ernte wird der Hopfen aus der Hallertau verglichen. Verreibt man ihn auf der Haut, entsteht wie beim Parfum das typische Aroma. Im Bierdegustationsglas kann sich das Aroma richtig entfalten. Es muss einen Bogen vom Antrunk über den Haupttrunk bis zum Nachtrunk spannen, erklärt der Braumeister. Selbst ungeübten Zungen fällt die leichte Note nach Zartbitterschokolade im Nachtrunk auf. Während der eigentliche Brauvorgang nur rund acht Stunden dauert, braucht die anschließende Gärung zwischen vier und sechs Wochen. Je höher der Alkoholgehalt im Bier ist, desto länger lässt es sich lagern, jedoch: „Bier ist keine Dauerwurst“, mahnt Bernhard Löw. Es will getrunken werden.

Laufen an der Salzach

Die Brücke über die Salzach

Wer über den Europasteg oder die im Jugendstil erbaute Länderbrücke über die Salzach geht, gelangt direkt über die Grenze von Laufen ins österreichische Oberndorf. Schon vor 1000 Jahren bestimmte die Schifffahrt auf der Salzach und der Salztransport von Hallein nach Passau und Wien die Geschichte des Ortes. Damit ist Laufen eine der ältesten Städte Oberbayerns und beherbergt mit der Stiftskirche Maria Himmelfahrt die älteste gotische Hallenkirche in Süddeutschland. Auffallend sind die hohen Fassaden, hinter ihnen sind die Dächer versteckt. Durch diesen Baustil sollte die Brandbekämpfung erleichtert und das Übergreifen des Feuers erschwert werden. Stadtführer Hans Surrer weist auf das vor einigen Jahren sanierte ehemalige Kapuzinerkloster hin. In diesem ist heute die Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege untergebracht, ist Erwachsenen- und Umweltbildungszentrum mit Gastwirtschaft.

Zu jeder Jahreszeit einfach schön 

Der Rupertiwinkel ist mit seinen insgesamt 17 Gemeinden ein geradezu idyllischer Landstrich. Im Norden des Berchtesgadener Landes bietet er für Familien, Wanderer und Radfahrer gleichermaßen zahlreiche Möglichkeiten zur Erholung. Rund ums Jahr finden gelebte Traditionen zahlreiche Zuschauer. Hebt sich der morgendliche Nebel von den Wiesen, sind die einzigen Geräusche das Zwitschern der Vögel und das Wiederkäuen der Milchkühe. Das Schönramer Filz ist ein renaturiertes Hochmoor, es ist zu jeder Jahreszeit Naherholung für die Einheimischen und ihre Gäste und stimmungsvolle Kulisse zugleich. Das Land vor den Bergen ist ein echter Geheimtipp für geruhsame Ferien – und liegt zudem nahe an allen touristischen Höhepunkten rundherum.

Morgenstimmung im Rupertiwinkel
Abendstimmung im Rupertiwinkel

Die Reise wurde von der Berchtesgadener Land Tourismus GmbH unterstützt.

Der Jardin Majorelle Marrakesch – eine blaue Oase in der Stadt

Im marokkanischen Marrakesch schuf der französische Maler Jacques Majorelle mit dem Jardin Majorelle einen verwunschenen Garten, eine blaue Oase. Nach seinem Tod 1962 kümmerte sich kaum jemand um dessen Pracht, sie war vom Zerfall bedroht. Glücklicherweise entdeckten Yves Saint Laurent und sein Partner Pierre Bergé das Kleinod. Als auf der Fläche 1980 ein Hotelkomplex geplant wurde, kauften sie den Garten und bewahrten ihn somit vor dem Untergang.

Die Mauern von Marrakesch

Gärten, Innenhöfe und überhaupt alles ist in Marrakesch hinter Mauern versteckt. Einen Blick kann ich nur dort erhaschen, wo eine Tür geöffnet steht. Das gilt auch für die Rue Yves Saint Laurent im Stadtteil Guéliz. Die japanischen Touristinnen scharen sich lieber um die Katzen, die sich auf der staubigen Straße wälzen. Die ewiggleiche Architektur der Apartmenthäuser lässt sie unbeeindruckt. Gegenüber ragen hohe Palmen über die rostrote Mauer. Eine kleine Pforte gewährt mir Einblick und Einlass: Der Brunnen im ersten Innenhof ist von einem betörenden Blau, so leuchtend und tief, dass selbst das Blau des Himmels dagegen verblasst. Es ist das gleiche Blau, mit dem die Berber im Süden Marokkos ihre Tücher färben und manche ihrer Türen bemalen.

Grüne Oase inmitten der Stadt

Der rostrote Pfad führt auf verwunschenen Wegen tief in den Garten hinein, mit jeder Windung entdecke ich etwas Neues: Sei es ein Brunnen, eine Pergola oder Seerosen unter Palmen. Während vor den Mauern das staubig-hektische und immer heiße Marrakesch tobt, herrscht im Jardin Majorelle Marrakesch kühler Schatten und himmlische Ruhe. Das leise Plätschern der Springbrunnen übertönt selbst das Gemurmel der Besucher. Das Wasser wirkt kühlend, die Bänke einladend. Die Wasserschildkröten im großen Bassin bewegen sich mit einer Ruhe, als hätten sie ihr ganzes Leben noch keine Eile erlebt. Hinter den Palmen, Kakteen und Bougainvilleen schimmern blaue Fassaden, die Fenster mit filigranen Gittern in Gelb verziert, rote und weiße Blüten bilden Akzente, die wie Edelsteine funkeln.

Jaques Majorelle und sein Garten

Ohne den Jardin Majorelle in Marrakesch wäre Jaques Majorelle fast vergessen. Schon zu Lebzeiten stand er im Schatten seines berühmten Vaters, Mitbegründer der „Ecole de Nancy“, einer Bewegung des Jugendstils. Als Majorelle nach einer Tuberkulose gesundet, reist er um das Mittelmeer, nach Ägypten und ist vom Orient begeistert. 1919 kauft er ein Haus in der Medina, fünf Jahre später ein Grundstück vor der Stadt. Er lässt sich vom Architekten Paul Sinoir sein Atelierhaus bauen und in dem Blau streichen, das später seinen Namen tragen wird. Majorelle sammelt Pflanzen aus verschiedenen Erdteilen, bewässert sie und verwandelt trockenen Wüstensand in eine grüne Oase. Für den Rest seines Lebens bleibt Majorelle dem Zauber des Orients verfallen, reist zu den Berbern, besucht Basare und lernt die einfachen Menschen kennen. Er ist von ihnen fasziniert, von ihrer Kultur und vom Kobaltblau, mit dem sie ihre Kleidung färben und Rahmen um die Fenster der Häuser malen.

Perspektiven, Wasser und üppiges Grün

Hinter den hohen Mauern blüht, grünt und sprudelt es, geschützt vor dem Lärm und Staub der Metropole. Im Jardin Majorelle Marrakesch kann ich mich ganz auf die Farben und Düfte konzentrieren. Er versinnbildlicht Harmonie und entspricht mit seinen Perspektiven, dem Wasser und üppigen Grün den Idealen eines orientalischen Gartens. Während außerhalb der Mauern die gleißende Sonne unbarmherzig brennt, wandle ich hier im kühlen Schatten auf einem endlos scheinenden Spaziergang. Noch nicht einmal die anderen Besucher stören.

Eine Stiftung sorgt für den Garten

Seit mehr als zwanzig Jahren kümmert sich eine Stiftung darum, dass der Garten in seiner wunderbaren Schönheit erhalten bleibt. Er ist ein geradezu magischer Ort zum Verlieben. Vielleicht sind deshalb in der Love-Gallery die „Love“-Poster von Yves Saint-Laurent versammelt, die der Künstler einst als Gruß an Freunde schuf. In dieser sinnlichen Zuflucht offenbart Marrakesch seinen hinter Mauern verborgenen Zauber, eine Magie, der ich mich nur schwer entziehen kann.

Regensburg – vom Castra Regina zum Weltkulturerbe

Regensburger Dom Portalansicht

Regensburg – 2000 Jahre Stadtgeschichte

Die Altstadt von Regensburg lässt erahnen, wie eine mittelalterliche Stadt einst ausgesehen hat. Bis heute spiegelt die Architektur die Rolle der Stadt als Handelszentrum wider. Sie war Knotenpunkt und Umschlagplatz für Waren, die auf den großen Reiserouten nach Russland, Byzanz, Böhmen oder über die Alpen nach Italien transportiert wurden.

Haus mit Relikten aus der Römerzeit in Regensburg
Relikte aus der Römerzeit wurden in der Architektur integriert

Regensburg blieb vom Bombenhagel verschont

Regensburg hatte Glück. Weil die Stadt im zweiten Weltkrieg vom Bombenhagel verschont wurde und damit erhalten blieb, ist sie heute Weltkulturerbe, in der mehr als 1.000 denkmalgeschützte Häuser allein in der Innenstadt von 2.000-jähriger Stadtgeschichte künden. Wer durch Regensburg spazieren geht, kann diese wie in einem steinernen Geschichtsbuch lesen.

Fernhandel sorgte für den Reichtum der Stadt

Ursprünglich als römisches Soldatenlager zur Verteidigung angelegt, wuchs Regensburg rasch und avancierte im Mittelalter zu einer Residenz, in der Fürsten und Bischöfe gleichermaßen ihre Paläste bauen ließen. Der Fernhandel machte die Regensburger reich, nicht alle, aber einige von ihnen durchaus. Die Stadt lag verkehrsgünstig an der Donau und war die am südlichsten gelegene protestantische Reichsstadt.

Patrizierturm in Regensburg
Patrizierturm in Regensburg

Italienisches Flair in der Stadt

Die hohen Patriziertürme in Regensburg machen einen Teil des südlichen Flairs aus. Ursprünglich ragten mehr als 60 von ihnen über die Dächer der Stadt, heute sind noch etwa 20 von ihnen erhalten. Während die italienischen Türme zur Verteidigung dienten, zeigten die Regensburger, was sich deren Erbauer leisten konnten, ganz nach dem Motto: Meiner ist höher als deiner.
Sie spiegelten den Gewinn wieder, der mit dem Fernhandel in die Stadt gekommen war. Schließlich zählten die Regensburger Handelsherren zu den ersten, die mit Brokat und Pelzen, Seide und Gewürzen über die Alpen zogen und dort nicht nur Geschäfte abwickelten und ihren Gewinn einsackten, sondern auch die südländische Lebensart kennen und schätzen lernten.

Der immerwährende Reichstag in Regensburg

Altes Rathaus in Regensburg
Der immerwährende Reichstag fand im alten Rathaus in Regensburg statt

Weil sich in Regensburg katholische und evangelische Einwohner seit 1542 das Leben so schwer wie möglich machten, tagte gleich 150 Jahre lang der immerwährende Reichstag in der Stadt. Damit hatte sie Glück: Zu dieser Zeit hatte sich der Handel andere Wege gesucht und die Stadt war arm, aber immer noch sexy. In den alten, adligen Residenzen war genügend Platz für die Gesandten der Fürsten und Vertreter der Reichsstände, die auf dem immerwährenden Reichstag tagten und miteinander verhandelten.

Relikte aus der Römerzeit

Wer genau schaut, entdeckt nicht nur mittelalterliches in der Stadt, sondern auch Relikte aus der Römerzeit, gut 2.000 Jahre alt. Das ehemalige Nordtor führte einst in das Lager Castra Regina der Legion III Italica. Insgesamt 6.000 Soldaten waren am nördlichsten Punkt der Donau stationiert und wachten über die Grenze des Römischen Reiches. Weil die Regensburger pfiffig waren, rissen sie alte Gemäuer nicht einfach ab, sondern integrierten sie in die neue Bebauung. Daher bilden die vom Alter geschwärzten Steine einen malerischen Kontrast zum weiß gekalkten Bischofspalast, der erst viele Jahrhunderte später entstand.

Alte Gebäude wurden saniert

Auf alten Fotografien lässt sich erahnen, dass Regensburg nicht immer so adrett herausgeputzt war. In die von Bomben verschonte Stadt kamen nach dem Krieg unendliche Ströme an Flüchtlingen: In den fünfziger Jahren war Regensburg nicht nur die am dichtesten besiedelte, sondern auch eine sehr heruntergekommene Stadt. Zu dieser Zeit war jedes fünfte Haus vom Einsturz bedroht. Glücklicherweise gab es Menschen, denen die alten Gebäude so sehr am Herzen lagen, dass sie diese nicht abrissen, sondern sanierten.

Verwinkelte und malerische Ecken

Regensburg hat bis heute viele verwinkelte Ecken und Höfe, durch welche die Straßen auf kurzen Wegen verbunden sind. In die einstigen Hauskapellen der Patrizier zogen kleine Geschäfte ein. Wer die Stadt und ihre Geschichte hautnah erleben möchte, nimmt an einer der kurzweiligen Stadtführungen teil.

Zwei römische Soldaten in Regensburg
Die letzten zwei Römer aus Castra Regina

In historische Kostüme gewandet, erzählen beispielsweise zwei römische Soldaten von der schweren Last ihrer Ausrüstung. Diese wog zwischen 35 und 40 Kilogramm und musste selbstverständlich auf den Märschen selbst getragen werden. Von Camuntum, römischer Hauptstützpunkt östlich von Wien an der Donau, bis Regensburg waren es gut 500 Kilometer zu Fuß. Obwohl die Soldaten täglich dreißig Kilometer marschierten, brauchten sie gut vier Wochen bis Regensburg.

Der Regensburger Dom mit dem Eselsturm

Hinter den beiden Römern führt eine Treppe zum Sitz des Bischofs. Von hier aus lässt sich ein fabelhafter Blick auf den Regensburger Dom erhaschen. An dessen gotischer Basilika klebt noch ein alter Turm, Eselsturm genannt.

Eselsturm am Dom in Regensburg
Eselsturm am Dom in Regenburg

Der lateinische Name Asinus lässt sich zwar gleichermaßen mit Esel oder Dummkopf übersetzen, war jedoch einst auch die Bezeichnung für einen Lastenaufzug. Ob die Esel erst die Steine und später die Glocken nach oben zogen? Weil der Bau eines solchen Doms viel Geld verschlang, war hinterher keines mehr übrig. Der alte Turm blieb einfach unverkleidet stehen. Manchmal ist eben Armut die bessere Denkmalpflege.

Eine alte Tabakfabrik im Patrizierhaus

Die im neunzehnten Jahrhundert beginnende Industrialisierung setzte sich in Regensburg nur sehr zögerlich durch. Auch wenn einige Manufakturen entstanden, waren es doch zu wenige, um aus der Stadt ein echtes Industriezentrum zu machen. In zwei zusammengelegten Patrizieranwesen entstand beispielsweise eine Fabrik für Schnupftabak, in der bis vor 20 Jahren sogar noch in der Innenstadt produziert wurde. Drei Räume blieben im ursprünglichen Zustand bei der Sanierung erhalten. Innen riecht es noch immer nach Tabak, genau so, wie in den vergangenen zweihundert Jahren.

Schnupftabakfabrik in Regensburg
Schnupftabakfabrik in Regensburg
alte Tabakmühle in Regensburg
Hier wurde der Tabak zerkleinert

Damals zerkleinerten  Arbeiter in 14-stündiger Arbeitszeit den Tabak, zerrieben ihn und versetzten ihn mit Schmalz und Aromen. Die Herren gehobener Stände kauften ihn schließlich in kleine Döschen gefüllt.

Das Patrizierhaus der Familie Runtinger

In Regensburg lässt sich noch viel mehr entdecken: Die Schottenkirche mit ihrem reich geschmückten Portal, der Kaisersaal im Gasthaus zum Goldenen Kreuz oder das Patrizierhaus der Familie Runtinger.

Mitteralterliche Kauffrau in Regensburg
Margarethe Runtinger lauscht dem Reisebericht

Weil das Handelsbuch der Runtigers im Stadtarchiv erhalten blieb, sind sämtliche Aufzeichnungen über die gehandelten Waren, die Preisaufschläge und die Handelswege bekannt. Handelsherr Matthias Runtiger lebte um 1400, als er starb, übernahm seine Frau Margarethe die Geschäfte und führte die Bücher weiter. Sie schickte ihre Bediensteten auf Handelsreisen und blieb selbst zu Hause, ganz im Gegensatz zu ihrem Mann, der die Reisen selbst begleitete. Kamen die Karawanen nach Monaten oder Jahren nach Regensburg zurück, hörte sie Berichte von wunderlichen Tieren mit langen Nasen, märchenhaften Orten und Reichtümern.

 

Liebesgeschichte mit Happy End

Satute von Don Juan d'Austria in Regensburg
Don Juan d’Austria

Dass Liebesgeschichten hoher Herrschaften auch gut ausgehen konnten, davon erzählt das Denkmal von Don Juan d’Austria: Kaiser Karl V. war bereits Witwer, als er sich in die bürgerliche Gürtlerstochter Barbara Blomberg verliebte. Als die Regensburgerin einen Sohn vom Kaiser bekam, ließ ihn dieser am spanischen Hof erziehen. Er wusste nichts von seiner Herkunft und sollte eigentlich in den kirchlichen Dienst.  Er wollte jedoch lieber beim Militär Karriere machen. Als Befehlshaber der spanischen Mittelmeerflotte schlug er in der Seeschlacht von Lepanto 1571 die Osmanen.

 

Der Brandenfels: Einst Wacht über die Werra

Höhenburgruine Brandenfels

Stille Burgruine Brandenfels

Wer seine Ruhe haben will, braucht gar nicht weit zu ziehen: Mitten in Deutschland gibt es völlig ruhige und vergessene Landschaften. Hier gibt es (fast) nichts mehr.

Landschaft in Nordhessen
Idyllische und vergessene Landschaft

Der Brandenfels – eine ehemalige Höhenburg

Hoch auf dem Ringgau in Hessen steht die Ruine der ehemaligen Höhenburg Brandenfels. In der Mitte des 13. Jahrhunderts erbaut, sind heute nur noch vereinzelte Reste oberhalb von Markershausen, einem Ortsteil der nordhessischen Gemeinde Herleshausen zu finden.

Foto Reste der Höhenburg Brandenfels
Reste der Höhenburgruine Brandenfels

An der ehemaligen innerdeutschen Grenze gelegen, trennt die Werra immer noch – die Bundesländer Hessen und Thüringen. Und auf der Thüringer Seite wacht weithin sichtbar die Ruine der Brandenburg über die Werra. Diese ist touristisch gut erschlossen, auch wenn nur relativ wenige Wanderer kommen.

Der Brandenfels in Nordhessen
Der Brandenfels

Der Brandenfels dagegen liegt wie vergessen auf seinem Berg. Hierher verirrt sich niemand aus Versehen, er will gesucht und gefunden werden und belohnt dafür mit einer Stille, die andächtig auf das Vergehen der Zeit verweist.

Der Weg führt in Windungen nach oben

An der Straße bleibt das Auto stehen und die restliche Strecke muss zu Fuß bewältigt werden. Der Pfad zur Burg schraubt am Berg entlang, in immer neuen Windungen geht es höher und höher, immer links um den Berg herum. Alte Steine auf dem Pfad berichten, wie er vor langer Zeit befestigt wurde. Schließlich sollten Pferdehufe und Karrenräder sicher bis nach oben kommen.

Hier sagen sich Fuchs und Hase „Gute Nacht“

Ein Fuchs kommt mir direkt auf dem Weg entgegen. Ich bleibe stehen, doch er nimmt mich nicht wahr, trottet weiter, kommt näher und hält plötzlich an. Hat er mich gesehen? Doch er guckt nach links, ins Gebüsch, hebt seine Vorderpfote, wartet gespannt und verschwindet mit einem großen Satz. Als er zurückkehrt, hat er seine Beute im Fang, legt sie zunächst auf den Weg, wittert, spannt und schaut weiter ins Gebüsch. Ob er an der gleichen Stelle noch ein zweites Mal etwas fängt? Leider dreht er sich um, sieht mich, schnappt nach seiner abgelegten Beute und verschwindet mit einem großen Hupf im Busch.

Der Weg wird schmaler

Ein Pfeil weist vom großen Weg auf einen kleinen Weg, der sich unscheinbar im Grün verbirgt: Hier geht es links entlang. Der Pfad wird immer schmaler und manchmal bin ich mir nicht mehr ganz sicher, ob ich nicht doch eine Abzweigung verpasst habe. Buchen bilden einen grünen Baldachin über mir, durch den das Sonnenlicht blinkt. Bärlauch blüht und duftet, und die Bienen summen sich satt. Zwei Buchenstämme liegen übereinander und versperren mir den Weg.

Foto zwei umgestürzte Buchen
Zwei umgestürzte Buchen versperren den Weg

Ich drehe mich um und sehe jetzt erst das Schild, das mir zeigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin und die Stämme einfach übersteigen muss. Immer schmaler wird der Pfad, ist nur noch fußbreit und gesäumt von hohen Rispengräsern, bis ich inmitten von blühendem Bärlauch und Waldmeister auf einen steinernen Pfeiler im Graben treffe. Oben auf dem Hang ragen Mauern, in denen Fensterhöhlen gähnen.

Höhenburgruine Brandenfels
Fensterhöhlen der Höhenburgruine Brandenfels

Alte Steine in frischem Grün

Mauerloch auf der Burgruine Brandenfels
Mauerloch auf der Burgruine Brandenfels

Hältst du dein Ohr an die alten Steine, kannst du die Träume, Sehnsüchte und Klagen derer hören, die einst hier wohnten: Das Weinen des Küchenjungen, weil er für die verschüttete Milch von der Magd gezaust wurde; das Kichern der Küchenmädchen, die mit den Pferdeknechten schäkerten, wenn sie sich beim Wasserholen am Burgbrunnen trafen; das ungeduldige Schnauben und Scharren der Pferde, wenn sie bereits aufgezäumt warten mussten, bis es wieder hinab ging – und das Fluchen der Knechte, die bei schweren Wagen in die Speichen greifen mussten, damit alles nach oben auf die Burg gekarrt werden konnte, was zum Leben auf dem Berg und in der Brandenburg nötig war.

Ein idyllischer Ort mit großartiger Aussicht

Ein Stein wippte unter vorjährigem Laub, als ich auf ihn trat – doch als ich ihn drehte, fand sich kein Eingang zum Feenreich. Nur ein Regenwurm ringelte sich rasch ins Dunkel zurück.

Foto Aussicht auf das Werratal
Aussicht auf das Werratal

Die Aussicht über das Werratal ist von hier oben großartig. Wer nach der Anstrengung gerne essen und trinken will, muss das Picknick allerdings selbst mühsam nach oben schleppen. Doch der Genuss ist damit um so größer, begleitet von Vogelzwitscher und Hummelsumm.

Mit dem Motorradgespann zum Bodensee

Foto Bodensee mit Pfahldort

Eine Abfahrt ist immer spannend: Die Vorfreude wird endlich in Kilometer und Strecke umgesetzt. Ob der Weg und das Ziel der Erwartung entsprechen? Die Pferde der Moto Guzzi stampfen ungeduldig und laufen los, so dass ich jeden Kolbenhub im Beiwagen spüren kann. Der Mann neben mir will bei Laune gehalten werden, schließlich soll er uns sicher über den Asphalt führen.

Foto Motorrad mit Gesapann auf der Autobahn
Jetzt führt die Straße schon rund um den Bodensee, der Fahrer hat die Maschine sicher im Griff
Foto Motorradfahrer schaut auf Landkarte
Streckenkontrolle: Sind wir noch auf dem richtigen Weg

Mit der Nase in Höhe der LKW-Radnaben habe ich genug Muße, das Straßenbegleitgrün zu studieren. Sie Sonne scheint, doch schwarze Wolken türmen sich am Horizont. Unterwegs sein, mit Guzzi und Beiwagen – bei schönem Wetter ist das kein Problem. Wann wird es zum Abenteuer? Denn das Wetter bleibt so ohne Dach und Wände ein unberechenbarer Faktor. Die Autos schnurrten vorbei, manch ein Fahrer guckt. Neidisch?
Im Beiwagen lässt es sich gut träumen, bis die ersten Regentropfen wie Knallerbsen auf Helm und Scheibe prasseln. Von wegen Regenschutz! Vom Fahrtwind geschubst, drängeln sich erst die Tropfen, dann ganze Wasserströme in den Beiwagen. Die Arme stecken in der Regenjacke, sind also wetterfest und dichten die Einstiegsluken rechts und links ein wenig ab.
Von der Fahrerseite aus spritzt das Wasser direkt von der Guzzi-Verkleidung hoch zur Luke. Dort hätte die Seitenwand gut zehn Zentimeter höher sein können, von dort aus steigt ja niemand ein. Bis auf das Wasser, jetzt: Es gischtet und dräng, von oben tropft die Scheibe hinauf bis hoch zur Kante, dort halten sie einen Moment inne, als müssten sie noch überlegen: „Fall ich – oder fall ich nicht“ bevor sie sich geradewegs nach unten auf meine Hose fallen lassen und darin versickern. An den Seiten ist die Jeans ebenfalls schon nass, zum Glück ist es nicht so kalt.
Am Rastplatz grinst der Mann neben mir in seinen nassen Klamotten, da kam jedenfalls kein Regentröpfchen durch. Zur Rast gehören laut Kommentar des Mannes hart gekochte Eier, Leberwurstbrote und Frikadellen. Ich habe noch den Geschmack alter Schulleberwurstbrote auf der Zunge, wenn ich daran denke: Das schmeckte wie feuchte Socke auf Dachpappe. Aber an diesem Rastplatz ist ein Rasthof – und der hat leckeren Kaffee.

Foto Blick aus dem Weinberg auf dem Bodensee
Blick aus dem Weinberg auf dem Bodensee

Am Zeltplatz müht sich der Mann ohne Korkenzieher, den Korken aus der Flasche zu bekommen. Doch weder mit dem Leatherman noch mit dem Inhalt der gesamten Guzzi-Werkzeugkofferrollle lässt sich der Stopfen bezwingen.
Nur noch ein kleines Stück bis zum Bodensee ist es man nächsten Tag. Gleich am ersten Campingplatz gibt es für uns, das Zelt und die Guzzi ein freies Plätzchen. Beim Campen gibt es Rituale, zum Beispiel, wie ein Zelt korrekt aufzubauen sei: Der mann wirft das Zelt aus, klopft die Häringe in den Boden, rollt die Liegematten aus und lüftet die Schlafsäcke. Während die Häringe gesteckt werden, blasen sich Matten und Schlafsäcke alleine auf. Die Matten werden nachgepustet und zu Sitzen gefaltet. Nach längstens fünf Minuten müsse er vor dem Zelt gemütlich auf seiner gefalteten Matte sitzen und das erst Bier ploppen, sagt der Mann.

Foto Motor im Zeppelinmuseum in Friedrichshafen
In Friedrichshafen besuchten wir das Zeppelinmuseum und bestaunten die gigantischen Motoren
Foto Narr am Brunnen im Radolfzell
In Radolfzell sitzt ein Narr am Brunnen

Weil noch Zeit ist, fahren wir in die Schweiz, obwohl der Mann murrt, es sein schon so spät. Er scheucht die arme Guzzi in einem Affenzahn um den Bodensee und stellt – beim Italiener in der Schweiz sitzend – fest, dass er keine Kohle habe. Aber ich habe meine EC-Karte dabei, ist doch alles kein Problem, oder? Doch mit der EC-Karte funktioniere die Lichtmaschine nicht, da waren wohl andere Kohlen gemeint.

Foto Pfahldorf
Pfahldorf am Bodensee – nicht nur dicht an, sondern im Wasser gebaut

Wir fahren noch zum Pfahldorf. So lebten die Menschen vor sechstausend Jahren in der Steinzeit und auch noch vor dreitausend Jahren in der Bronzezeit am Bodensee. Warum bauten sie wohl die Hütten auf Stelzen im See? Vielleicht konnten sie so leichter die Fische fangen oder sich vor Überfällen schützen, vielleicht hat es ihnen aber auch einfach nur gut gefallen. Genaueres weiß man nicht, so bleiben nur Geschichten und Spekulationen.
Aber der Mann hat keine Geduld mehr. Denn auf dem Weg neulich in die Schweiz hat er die alte Dame Guzzi doch ein wenig zu sehr gejagt. Ab einem gewissen Alter sind auch alte Motorräder mit Seitenwagen schon mit Zipperlein geplagt. Und wer weiß so genau, warum die Lichtmaschine nun nicht mehr will? Der mann möchte jedenfalls die Batterie an eine Steckdose hängen, doch auf dem Zeltplatz ist keine mehr frei. Dennoch gibt es am Abend noch Bodensee-Felchen zu essen, als Trost und zum Abschied.
Die Strecke zurück ist zunächst noch von der Herfahrt vertraut: Die großen Früchte grüßen am Straßenrand und zeigen, wo es frische Kirschen, Erdbeeren, Himbeeren gibt. Gemächlich und langsam schaukelt uns die Guzzi die Landstraßen entlang. Hier ist die Chance größer, bei eventuellen Bedarf eine Werkstatt zu finden. Die Pferdchen traben ruhig und laut, immer am Neckar entlang. Bis Tübingen. Durch Tübingen, bis zum Zeltplatz. Dort rührt sich nichts mehr, als wir nach der Mittagspause auf den Zeltplatz fahren wollen. Doch hier gibt es einen netten Zeltplatzwart und eine freie Steckdose.

Foto Motorradgespann Moto Guzzi
Ein letztes Mal Saft aus der Steckdose tanken – damit der Heimweg sicher ist

Und am nächsten Tag gibt es eine Eispause, während die Batterie noch einmal für zwei Stunden geladen wird. Dann reicht Der Saft – und wir kommen gut wieder nach Hause.

Beitrag veröffentlicht in der Zeitschrift Motorradgespann Nr. 131 im Oktober 2012

Eine Reise ans Ende der Welt zum Tempel von Abu Simbel

Tempeleingang von Abu Simbel

Die Reise ans Ende der Welt
Der Tempel von Abu Simbel bildete einst das Ende der Welt: An der nubischen Grenze bewachten Ptah, Amun-Re, Ramses und Re-Harachte war das Reich von Ramses II. In den 60er Jahren wurde der Tempel, der zum Weltkulturerbe gehört, an einer erhöhten Stelle wieder errichtet, da er andernfalls im aufgestauten Nasser-See versunken wäre.

Eine Tour zum Tempel von Abu Simbel

Ich hatte mir eine Tour durch die Wüste immer beschwerlich und schweißtreibend vorgestellt. In meiner Phantasie zogen mit Spezereien und Edelsteinen, Seidenstoffen und Aphrodisiaka beladene Kamele gemächlich jahrhundertealte Pfade entlang. Die Wege waren gesäumt von verhungerten, verdursteten, unter ihrer Last zusammengebrochenen Tiere. Bleiche Schädel bleckten Zähne in die Sonne, durch hochaufragende Rippenbögen pfiff Wüstenwind körnigen Sand. Reste graugelber Kamelhaut und Haaren wehten gedörrt, von Aasgeiern zerrupft, über mumifizierten Leichen.

Ist der Weg noch richtig?

Immer wieder die bange und lebenswichtige Frage: ob dieser sandverwehte Pfad noch der richtige sei – oder würde er geradewegs in den hitzeflimmernden Horizont einer Fata Morgana führen, welche die Reisenden mit dem Trugbild einer Oase narrte und sinnenverwirrt verdursten ließ? Schwer bewaffnete und vermummte Söldner begleiteten und schützten Leiber und Leben der Reisenden und der Last tragenden Tiere. Denn manchmal überfielen mutige Krieger auf mageren Pferden die Karawanen, ihr Leben in den wenigen Oasen der Wüste war sonst zu schwer und karg.

Straße 75 durch die Wüste nach Abu Simbel in Ägypten
Wüstenstraße 75 nach Abu Simbel

Mit Bussen auf der modernen Wüstenstraße

Als ich die Reise ans Ende der Welt selbst begann, führte eine moderne Wüstenstraße geteert und schnurgerade zum Horizont, die scharf gezogenen Ränder von kleinen Sandwehen leise verwischt. Bis an den Südrand des alten Reiches gelangte ich mit einem Konvoi klimatisierter Reisebusse. Im Dunkel der Nacht noch hatte sich der Konvoi auf einem großen Parkplatz im sicheren Schutz des Militärs formiert, bevor es hinaus in die Todeszone der Wüste ging. Blutjunge, hagere Soldaten in abgewetzten Uniformen und mit blank geputzten Uzis fuhren in jedem Fahrzeug auf den aussichtsreichsten Plätzen in der ersten Reihe.
Ob gleich schwer bewaffnete Männer aus den schwarzen Schatten der Sand- und Kiesberge die Busse stürmen würden? Die Dunkelheit der Nacht ließ meine Phantasie Purzelbäume schlagen. Wie real war die Bedrohung? Würde ich die Fahrt überleben?

Mit Maximum Speed unterwegs

Langsam zeigte sich am östlichen Horizont ein blasser Lichtstreif und genau so langsam erhob sich die Sonne zu ihrem täglichen Lauf. Die alten Ägypter glaubten, Nut, die alles überspannende blaue Himmelsgöttin, schlucke jeden Abend die Sonne um sie am Morgen neu zu gebären.
Die Straße war völlig menschenleer. In größeren Abständen luden Haltebuchten ein, in der sandigen und felsigen Ödnis zu verweilen. Doch die Fahrzeuge rasten immer weiter, dem Horizont entgegen. Ich warf einen Blick auf den Tacho: die Nadel stand sicher und still am Anschlag. „Kaputt?“ Der Fahrer schüttelte den Kopf unter seiner Kefijah: „No, Madame. Maximum Speed.“

Drei Stunden Fahrt

Drei lange Stunden bretterten die achtzig vollbesetzten Busse durch die nubische Wüste bis zu einem riesigen, mit Stacheldraht umzäunten leeren Parkplatz. Flache Gebäude säumten eine Längsseite: Toiletten – am Ende der Welt wurde die Zivilisation von Wasserklos verteidigt. Die Händler auf dem Weg zum Gasthaus wurden munter und kamen mit ihren Waren aus dem Dunkel ihrer Verschläge heraus.
„Parlez-vous francais?“
“Do you speak english?“
„Sprechen Sie deutsch?“
Woran sahen die Händler, in welcher Sprache sie ihre Tücher und Figuren anbieten mussten? Waren die Nationalitäten so leicht zu durchschauen? Ich schaute an mir herab: Was unterschied mich von den Israelis, die hinter mir gingen?
Ich sah mich um.

Japanische Touristen vor dem Tempel in Abu Simbel
Touristen vor dem Tempel in Abu Simbel

Menschen aus allen Ländern unterwegs

Lächelnde Japaner posierten mit dem Victory-Zeichen vor ihren Kameras, rotgesichtige Holländer wischten sich mit blaukarierten Taschentüchern den Schweiß von der Stirn, zierliche Französinnen trugen entgegen aller Empfehlungen nur einen Hauch an Stoff – es war ja so heiß. Globetrotter aller Welt, in Khaki uniformiert und mit schweren Objektiven bewaffnet, schraubten an den Bajonettverschlüssen der Spiegelreflexkameras. Die Menge schob sich langsam drängelnd zu einem flachen Gebäude, das von einem starken Metallzaun umgeben war. Wieder standen schwer bewaffnete junge Männer scheinbar gleichgültig herum. Doch unter den langen schwarzen Wimpern musterten hellwache Augen jeden Einzelnen durchdringend beim Eintritt.

Touristen laufen zum Eingang des Tempels Ramses II in Abu Simpel
Touristen laufen zum Eingang des Tempels von Ramses II in Abu Simbel

Alles wird bewacht

Hunderte von Menschen drängten sich durch die dämmerige Enge des Einlasses. Ausnahmslos jede Tasche wurde mit Röntgenstrahlen durchleuchtet. Noch ein kurzer Fußmarsch um einen Hügel: dort hielten sie ihre ewige Wacht.
Seit dreitausend Jahren bewachen die ägyptischen Götter die nubische Grenze des alten Reiches. Ramses II. ließ einst die Tempel von Abu Simbel am Südzipfel seines Reiches bauen. Schon damals musste alles – Werkzeuge, Farbe, Brot und Zwiebeln – in Karawanen mühsam an das Ende der Welt geliefert werden. Nur die Steine nicht. Die Tempel wurden direkt in den Fels hinein geschlagen.
Menschenleer und vergessen lagen die Stätten über viele Jahrhunderte, bis sie wieder entdeckt wurden. Jetzt erwacht jeden Tag für zwei Stunden der freie Platz vor den Tempeln zu quirligem Leben. Reiseführer versammeln ihre Gruppen um sich und erklären mit Hilfe von Fotografien die Hieroglyphen und Bilder, die das Dunkel im Tempelinneren bewahrt hatte.

Hieroglyphen und Bilder an den Wänden

Ich ging langsam zum Eingang des Tempels. Schlachtenszenen und abgeschlagene Köpfe zeigten Eindringlingen, was ihnen bevorstand, wenn Ramses mit seinem Streitwagen die Feinde Ägyptens besiegte, um sie der Göttin des Krieges zu opfern. Was würde der Pharao zu den modernen Eindringlingen sagen, die die heiligen Hallen in Massen stürmten?

Von Scheinwerfern erhellt

Ich ging in die Tempel hinein, sah die Menschenmengen drängeln und sich an den Wänden entlang schieben. Ich schaute mich um und suchte Reste von Erhabenheit, doch ich fand nur weinende Kinder, dozierende Väter, staunende Bildungsbürger, fühlende Esoteriker, Mütter wischten Kindernasen – alles schob und drängelte, es blieb kein Raum für Stille und Besinnung. Im Allerheiligsten saßen Ptah, Amun-Re, Ramses und Re-Harachte im Dunkel. Nur zweimal im Jahr, zur Sonnenwende, schien die Sonne einen kurzen Augenblick lang, wie einen Lidschlag der Ewigkeit, auf drei der Statuen. Jetzt erhellte ein Scheinwerfer die Kammer tief im Fels, damit die Besucher staunen konnten. Der Gestank nach ungelüfteter Wäsche, nach Schweiß und Deodorant, nach Schimmel und bereits hundertfach geatmeter Luft ließ den Raum immer kleiner scheinen. Rückten die Wände enger zusammen? Brauchten die Götter neue Nahrung?
Ich eilte hinaus, stolperte fast, geblendet vom Mittagslicht.

Ufer am Nasserstausee
Ufer am Nasserstausee

Im Nassersee ist der Nil gestaut

In der Ferne glitzerte Wasser, kleine Wellen schlugen an steinige Ufer. Nichts wuchs rund um den See, der doch Leben spenden sollte und zur Bewässerung gestaut wurde. Ein Baum reckte schwarze dürre Äste in das Himmelblau.
Kleine Gruppen schwatzender Menschen gingen zurück zu den Bussen. Ich machte sich ebenfalls auf den Rückweg. Am Gasthaus setzte ich mich für einen Moment auf einen Grasfleck, schloss die Augen.
Alle sammelten sich wieder auf dem Parkplatz, suchten ihren Bus und stiegen ein. Als die Busse aus dem Tor fuhren, schlossen die Händler ihre Läden. Alles sank in Schlaf.
Im Mittagslicht der Rückfahrt sah ich, dass die Wüstenstraße wirklich von Kadavern gesäumt war: zerfetzte Karkassen toter Reifen lagen zwischen Steinen, Geröll und Sand, waren der Jagd auf den Horizont mit maximaler Geschwindigkeit zum Opfer gefallen.

Der Tempel von Abu Simbel wartet auf die nächsten Besucher.